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Gemeindefahrt nach Wechselburg

„Die kürzeste Definition von Religion heißt Unterbrechung“ (Johann Baptist Metz). So brachte auch die vom Thomas-Morus-Kreis organisierte fünftägige Gemeindefahrt vom 15. bis 19.06. 2022 zum Kloster Wechselburg in Sachsen für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vielfältige religiöse Erfahrungen, die den Alltag mit seinen zahlreichen Anforderungen und Erwartungen durchbrachen.

Schon auf der Hinfahrt erlebten wir eine sehr informative Führung durch das gut erhaltene und restaurierte Münster in Heilsbronn, das seit seiner Errichtung (1132 - 1138) als Gotteshaus dient, zunächst als Klosterkirche (und auch als Grablege, u.a. der fränkischen Hohenzollern), danach als ev.-luth. Kirche; sie verfügt noch heute aus ihrer früheren Zeit über zwanzig Altäre. Nach der Ankunft im  Kloster Wechselburg, wurden wir von dessen  Prior, Pater Maurus, sehr herzlich begrüßt. Dieser nahm sich auch den ganzen nächsten Tag (einschließlich des Abends) für uns Zeit. Er führte uns durch die spätromanische Klosterbasilika, wies uns auf deren architektonische und kunstgeschichtliche Besonderheiten hin und vergaß auch nicht, die spirituelle Bedeutung einzelner Gestaltungselemente zu erläutern - so etwa den berühmten Lettner mit der Triumphkreuzgruppe, in der zwei Engel die Hände des Gekreuzigten halten. 

Bei einem Rundgang zeigte uns Pater Maurus auch den sich an das Klosterareal angrenzenden, mit alten Bäumen bestandenen Park, der sich bis zum Ufer der Zwickauer Mulde hinab erstreckt, die in einer Schleife das höher gelegene Kloster umschließt; ein weiteres Ziel war der Klostergarten, der nach den Vorstellungen des früheren Reichenauer Abtes Walahfrid Strabo angelegt wurde. An den Rundgang schlossen sich das gemeinsame Mittagsgebet in der Basilika und das Mittagessen an.

Am Nachmittag unternahmen wir - wieder unter der sachkundigen Führung von Pater Maurus - einen kleinen Ausflug in die nähere Umgebung und sahen die Schlösser von Colditz und Rochlitz sowie die Ruinen des früheren Zisterzienserinnenklosters von Nimbschen, in dem auch Katharina von Bora, die spätere Ehefrau Luthers, als Nonne lebte. In Grimma erfrischten wir uns - auch dabei sachkundig geführt - mit kühlen Getränken und Gefrorenem, bevor wir rechtzeitig zum Besuch des Klosterladens und der Heiligen Messe wieder zurück im Kloster waren. Zur Freude von Pater Maurus und der Wechselburger Gemeinde konnten wir aus unserer Mitte die Organistin stellen und so alle zusammen am Abend des Fronleichnamtages, der in Sachsen kein Feiertag ist, noch einen feierlichen Gottesdienst erleben.

Am nächsten Tag fuhren wir nach Leipzig und lernten bei einer geführten Stadtrundfahrt zunächst die Sehenswürdigkeiten der sächsischen Metropole kennen. Höhepunkt war dann die Kirchenführung in der modernen Propsteikirche St. Trinitatis durch Propst Gregor Giele persönlich - den Kontakt hatte auch hier Pater Maurus, der uns auch in Leipzig begleitete, hergestellt. Er schilderte die Kirche als „Andersort“, die mit ihrer Architektur und sparsamen Ausgestaltung bewusst einen Gegenpol zum umtriebigen Leben in der Innenstadt bilden soll. In seinen anregenden und unterhaltsamen Ausführungen ging er auch auf Ziele und Stand der Leipziger Stadtsynode ein - katholische Kirche im Umbruch, auch hier. Zwei weitere Kirchenbesichtigungen durften nicht fehlen: Die Thomaskirche als Wirkungsstätte von Johann Sebastian Bach, dessen Grab sich im Chorraum befindet, und die Nikolaikirche, bekannt durch die Friedensgebete, in deren Folge die friedliche Revolution in der DDR 1989 eingeleitet wurde.

Am Samstag ging es (ohne Pater Maurus) zunächst nach Freiberg. Wir erhielten eine Führung durch den spätgotischen Dom St. Marien mit dem romanischen Portal „Goldene Pforte“ und lauschten dem Orgelspiel auf der ältesten Gottfried-Silbermann-Orgel aus dem Jahr 1730.

Nach der Mittagspause fuhren wir weiter in das (nach der Eigenwerbung) „weltbekannte“ Dorf Seiffen im Erzgebirge, wo jeder und jede sich nach seinen Vorlieben im Spielzeugmuseum mit seinen tausenden Exponaten erzgebirgischer Spielwaren- und Weihnachtstraditionen umsehen konnte. Danach trafen sich alle wieder bei der kleinen Dorfkirche, einem achteckigen, schmucken Bau mit Zeltdach, in dessen Innerem besonders die Hängeleuchter aus Glas auffielen. Seine Führung, zu deren Beginn und Ende er selbst auf der Orgel spielte, gestaltete Pfarrer Michael Harzer mit sichtlicher Freude und Engagement für „sein“ architektonisches Kleinod. Am Abend erwartete uns neben einem „Überraschungsessen“ (Spanferkel) auch die ein oder andere Zugabe aus der Liqueurmanufaktur des Klosters Ettal.

Am Sonntag feierten wir in der voll besetzten Basilika zusammen mit der (Diaspora-) Gemeinde einen festlichen Fronleichnamsgottesdienst mit Bläsern, Chor und Orgel und stärkten uns auf dem anschließenden Gemeindefest für die Rückfahrt, die wir mit dem von Pater Maurus gespendeten Reisesegen antraten. Inzwischen hat uns der Alltag wieder, aber immer noch durchbrochen von schönen Erinnerungen an eine gewinnbringende und in gemeinschaftlicher Harmonie verlaufene Gemeindefahrt.

 

Heinz Bölle

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