Dreikönigssingen 2014

Hoffnung für Flüchtlingskinder in Malawi und weltweit

Mikwa, das Mädchen auf unserem Aktionsplakat, ist neun Jahre alt. Sie kommt aus dem Kongo und hat fünf Geschwister. Mit ihrer Familie ist sie vor der Gewalt in ihrer Heimat geflohen. Im Flüchtlingslager Dzaleka in Malawi hat sie Aufnahme gefunden. Hier kann Mikwa zur Schule gehen. Mathematik und Englisch machen ihr besonderen Spass.

Den Stern, den Mikwa in der Hand hält, hatten Mitarbeiter des Kindermissionswerks bei ihrem Besuch ins Flüchtlingslager mitgebracht. Wo immer die Kinder im Lager den leuchtenden Stern sahen, waren sie zur Stelle, wollten ihn halten, mit ihm fotografiert werden. Übersetzer halfen, die Geschichte zu erzählen:
Da gibt es Kinder in anderen Ländern, die ziehen jedes Jahr im Januar als Heilige Drei Könige von Haus zu Haus. Sie folgen dem Stern von Bethlehem. Sie gehen zu den Menschen und segnen ihre Häuser und Wohnungen. Und sie bitten um Spenden für Kinder in Not.
Die Kinder im Flüchtlingslager Dzaleka hörten gut zu, sie freuten sich und fragten erstaunt: „Sammeln die Kinder auch für uns?“
Ja: Dank der Sternsinger-Spenden können die Flüchtlingskinder in Dzaleka in die Schule gehen.

Das Flüchtlingslager in Dzaleka
Knapp die Hälfte aller Flüchtlingskinder lebt in Flüchtlingslagern. Sie befinden sich meist in ländlichen Regionen, abgeschottet von der lokalen Bevölkerung.
Knapp 17000 Menschen leben in dem Lager Dzaleka, das das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) 1994 eingerichtet hat, um Flüchtlinge aus Ruanda, Burundi und dem Kongo aufzunehmen.
Mehr als die Hälfte der Flüchtlinge in Dzaleka stammt aus dem Kongo, aber es leben dort auch viele Menschen aus Burundi und Ruanda und einige aus Somalia und Äthiopien. Die meisten Menschen sind vor den gewaltsamen Konflikten aus ihren Heimatländern geflüchtet. Sie waren dort in Lebensgefahr.

Alltag im Flüchtlingslager
Eine Schule, einen Markt und sogar einen Schneider gibt es im Flüchtlingslager Dzaleka in Malawi. Auf den ersten Blick sieht das Lager fast aus wie ein normales Dorf. Denn anders als in anderen Flüchtlingslagern leben die Menschen hier nicht in Zelten, sondern in selbstgebauten Lehmhäusern. Das Lager ist nach aussen offen, es ist nicht durch einen Zaun abgegrenzt. Trotzdem darf kein Flüchtling Dzaleka ohne Sondergenehmigung verlassen. Denn Dzaleka ist kein normales Dorf, sondern ein Flüchtlingslager. Verlässt ein Flüchtling das Lager unerlaubt, begibt er sich in ungeschützten Raum. Er hält sich dann illegal in Malawi auf und verliert seine Rechte, zum Beispiel auf die Nahrungsrationen, die im Lager verteilt werden.
In Dzaleka erhalten die Flüchtlinge das Nötigste, was sie zum Leben brauchen – das sind neben Nahrungsmitteln auch Alltagsgegenstände wie Decken, Seife und Medikamente.

Linda - Die Geschichte eines Flüchtlingkindes
Dieses Foto zeigt Linda und ihre fünf Geschwister. Die Kinder stammen aus der Region Kivu im Ost-Kongo. Wegen ihrer kostbaren Bodenschätze ist diese Gegend sehr umkämpft. Lindas Vater war Bauer, die Familie hatte Land, auf dem Obst und Gemüse wuchs. Lindas Mutter kümmerte sich um die sechs Kinder, um den Haushalt und um die Hühner und Ziegen.
Eines Tages drangen bewaffnete Männer in Lindas Zuhause ein und ermordeten die Eltern, weil diese einer anderen politischen Partei angehörten. Gemeinsam mit ihren Geschwistern floh Linda über Tansania nach Malawi. Insgesamt waren die Kinder vier Wochen unterwegs.
In Dzaleka geht es Linda den Umständen entsprechend gut. Trotz der schlimmen Erinnerungen hat sie sich im Lager gut eingelebt, besucht die Schule und hilft ihrer ältesten Schwester Aladine bei der Hausarbeit.

Aladine, Lindas älteste Schwester
Auf diesem Foto ist Linda mit ihrer 17-jährigen Schwester Aladine zu sehen. Sie hat nach dem Tod der Eltern die Mutterrolle in der Familie übernommen. Jeden Tag kocht Aladine für die Geschwister und kümmert sich um den Haushalt. Wenn Linda aus der Schule kommt, hilft sie ihrer grossen Schwester bei der Hausarbeit. Sie giesst das Gemüse in dem kleinen Garten, der das Lehmhaus umgibt.
Linda und ihre Geschwister haben noch kein eigenes Häuschen, sie wohnen im Moment bei Guillain. Der junge Mann kümmert sich im Flüchtlingslager um Kinder, die ohne Eltern nach Dzaleka gekommen sind. Guillain stammt aus der gleichen Region im Ost-Kongo wie Linda und ihre Geschwister. Auch Guillain musste aus der Heimat fliehen – das verbindet. Linda und ihre drei Schwestern teilen sich in Guillains Lehmhaus einen kleinen Raum mit zwei Matratzen. Die beiden Brüder schlafen auf Strohmatten im Wohnzimmer.

Die Essensausgabe in Dzaleka
Einmal pro Monat erhalten die Flüchtlinge in Dzaleka Lebensmittelrationen des „Welternährungsprogramms“ (WFP). Die internationale Organisation versucht, die Menschen mit den wichtigsten Grundnahrungsmitteln zu versorgen. Allerdings reichen die Rationen oft nicht aus: das WFP hat nicht genügend Mittel, vor allem seitdem die Weltmarktpreise für Lebensmittel stark gestiegen sind. Die Lebensmittelzuwendungen lassen zudem keine ausgewogene Ernährung zu: Obst, Gemüse, Fleisch oder Fisch werden nicht verteilt. Sie sind jedoch im Flüchtlingslager erhältlich – auf dem Wochenmarkt.
Manche Flüchtlinge verkaufen einen Teil der ihnen zugewiesenen Lebensmittelrationen, um sich mit dem Erlös auf dem Markt frische Lebensmittel kaufen zu können.
Die Trinkwasserversorgung ist gut. Den Bewohnern des Flüchtlingslagers stehen viele Brunnen mit sauberem Wasser zur Verfügung. Wasserleitungen oder ein Abwassersystem gibt es in Dzaleka allerdings nicht.

Hausbau und Zukunktsaussichten
Die Menschen im Flüchtlingslager Dzaleka bauen sich ihre Unterkunft selbst. Dafür stellen sie Ziegel aus Lehm her. Als Dächer der kleinen ebenerdigen Häuser dienen mit Stroh abgedeckte Plastikplanen, die die Flüchtlinge über die Lagerverwaltung erhalten. Diese ist es auch, die ihnen den Bauplatz zuweist.
Manche Kinder haben nie ein anderes Haus als das in Dzaleka gebaute gekannt. Sie sind hier geboren, ihre Eltern haben bisher keine Möglichkeit erhalten, ihr Flüchtlingsdasein zu beenden. Da Malawi ein bitterarmes Land ist, können die Flüchtlinge hier nicht eingebürgert werden. Nur mit einer zeitlich begrenzten Sondergenehmigung dürfen sie Dzaleka verlassen oder ausserhalb des Lagers arbeiten. Nur etwa 300 Menschen kehren jährlich aus Dzaleka in ihr Heimatland zurück.

Bildung für Flüchtlingskinder
Zu dritt drücken sich Linda (Mitte) und ihre Freundinnen Lialia und Demama in eine Schulbank. Linda besucht die erste Klasse in der Grundschule von Dzaleka. Die Sechsjährige weiss, dass es als Flüchtlingskind nicht selbstverständlich ist, zur Schule gehen zu können. Linda ist in der Schule besonders fleissig und hat grossen Spass am Lernen.
Mehr als zwei Drittel der Schüler schliessen die achtjährige Grundschule erfolgreich ab und können sich für die weiterführende Schule einschreiben. Doch dort sind die Plätze leider begrenzt, sodass nicht alle Jugendlichen aufgenommen werden können.
Lindas grosse Schwester Aladine geht nicht zur Schule, auch wenn sie gerne würde. Zum einen gibt es zu wenige Plätze, zum anderen muss sie sich um den Haushalt und um ihre Geschwister kümmern.
„Nichts ist wichtiger als die Schule“, meint Aladine, „meine Geschwister müssen so viel wie möglich lernen. Nur so haben sie später eine Chance, in einem sicheren Land leben und arbeiten zu können.“

Insgesamt besuchen 4500 Kinder die Schulen in Dzaleka. In Lindas Klasse gehen 80 Schülerinnen und Schüler. In der Grundschule von Dzaleka wird in zwei Phasen unterrichtet. Die eine Hälfte der Schüler besucht den Vormittags-, die andere Hälfte den Nachmittagsunterricht.